Die Berliner Zeitung zu Mindesttarifen für Mietwagen im Taxigeschäft

10. April 2024 von Redaktion

Darauf, dass die Einführung von Tarifkorridoren und Festpreisen für Taxifahrten eine Sackgasse ist, aus der das Taxigewerbe kaum unbeschädigt herausfinden würde, konnten unbefangene Beobachter schon vor längerer Zeit kommen. Jetzt sehen wir die ersten Anzeichen dafür, dass die selbst gebaute Falle für das Taxigewerbe bald zuschnappen soll. Die Berliner Zeitung berichtet über Strategie und bei der Treibjagd eingesetzte Waffen.

1.0.2024 Mindesttarife für Uber und Co.: Warum in Berlin die Fahrpreise steigen sollen

Schauen wir uns den interessanten Artikel Punkt für Punkt an.

Faire Marktbedingungen ?

Taxis und Mietwagen sollen gleiche Bedingungen haben.

Das kann von keinem der Beteiligten, auch nicht von der Senatsverwaltung, so gemeint sein. Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) unterscheidet Taxen (§ 47), Mietwagen (§ 49, in einem Abschnitt mit Omnibussen genannt) und fügt dem mit der Fassung vom 1.8.2021 die Kategorie Gebündelter Bedarfsverkehr (§50) hinzu. Außerdem kennt das Gesetz unterschiedliche Beförderungsentgelte und -bedingungen im Taxenverkehr (§ 51 ) und im Verkehr mit Mietwagen und im gebündelten Bedarfsverkehr (§ 51a)

PBefG § 49 bestimmt ausdrücklich

Annahme, Vermittlung und Ausführung von Beförderungsaufträgen, das Bereithalten des Mietwagens sowie Werbung für Mietwagenverkehr dürfen weder allein noch in ihrer Verbindung geeignet sein, zur Verwechslung mit dem Taxenverkehr oder dem gebündelten Bedarfsverkehr zu führen.

sowie

Den Taxen und dem gebündelten Bedarfsverkehr vorbehaltene Zeichen und Merkmale dürfen für Mietwagen nicht verwendet werden.

Der Bundesgesetzgeber hat die Beförderungsarten mit ihren charakteristischen Eigenschaften und Bedingungen ausdrücklich voneinander unterschieden. Es darf also keine „gleichen Bedingungen“ für Taxis und Mietwagen geben.

Unterschiede

Eigenschaft Taxi Inhalt für Taxi Mietwagen Inhalt für Mietwagen Quelle
Betriebspflicht ja geregelt durch Landesregierung nein keine PBefG, TaxO
Beförderungspflicht ja innerhalb des Pflichtfahrbereich nein kein PBefG, TaxBefEntgV
Umsatzsteuer   7,00 %   19,00 % UStG
Abstellorte nein nicht vorgeschrieben ja Am Betriebssitz
Bereithaltung ja Taxihalteplätze (06:00 - 20:00 Uhr) nein nur am Betriebssitz PBefG, TaxO
besondere Bereithaltung ja behördliche Anordnung in Sonderfällen nein keine Bereithaltungspflicht
Winker / EInsteiger ja Aufnahme innerhalb des Pflichtfahrbereichs nein Aufnahme nicht erlaubt PBefG
Pflichtfahrbereich ja Berlin und Umlandgemeinden nein kein Pflichtfahrgebiet PBefG
Rückkehrpflicht nein ja Nach Ausführung des Beförderungsauftrag PBefG
Vermietung nein Vermietung an Selbstfahrer verboten. unklar nicht im PBefG, andere Gesetze gelten PBefG
Halten in zweiter Spur ja "wenn die Verkehrslage es zulässt" nein verboten Taxi-Times
StVO

Gemeinsamkeiten

Eigenschaft Taxi Inhalt für Taxi Mietwagen Inhalt für Mietwagen Quelle
Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen ja § 47 ja § 49 PBefG
Preisregulierung ja Verordnung über Beförderungsentgelte im Taxenverkehr ja wenn über 25 Prozent per App vermittelter Verkehr mit Mietwagen PBefG
regulierte Arbeitszeit ja für Arbeitnehmer ja für Arbeitnehmer [1] ArbZG
Kündigungsschutz ja für Arbeitnehmer ja für Arbeitnehmer KschG
Mindestlohn ja für Arbeitnehmer ja für Arbeitnehmer MiLoG
Schwarzarbeit ja § 2a SchwarzArbG ja § 2a SchwarzArbG SchwarzArbG

Festpreise und Tarifkorridor

Diese erste Stufe soll kommen, aber es wird erneut blockiert. Wer oder was bleibt im Verborgenen. Es scheint sich um eine der verlustreichen Scheinbaustellen zu handeln, denn eigentlich kann die Verkehrssenatorin eine Änderung des Taxitarifs einfach per Verordnung einführen.

„Die Vorbereitung der Einführung von Mindestpreisen im Mietwagenverkehr läuft“, sagte Schreiners Sprecherin Britta Elm. Wenn ein Fahrgast eine Taxifahrt bestellt, bekommt er auf Wunsch einen verbindlichen Tarif genannt, auf den er sich verlassen kann. Taxinutzer sollten aber eines beachten: Wie in München kann der Festpreis nicht nur um bis zu zehn Prozent unter, sondern auch um bis zu 20 Prozent über dem Basistarif liegen. Das soll es der Taxibranche ermöglichen, wie ihre Konkurrenz flexibel auf Angebot und Nachfrage reagieren zu können. Hieß es bislang, dass die Regelung im ersten Quartal 2024 eingeführt wird, nennt die Verwaltung derzeit kein Datum mehr.

Mindestpreise für den Mietwagenverkehr in Berlin

Das soll das scharfe Schwert gegen unlauteren Wettbewerb sein. Wer sich das Agieren von Bolt, Uber und Spießgesellen aus internationaler Perspektive ansieht, kann diese Vermutung verstehen. Dabei ist die Situation in Deutschland aufgrund seines über 124 Jahre entwickelten Rechtssystems [2] komplizierter.

Zuletzt war davon die Rede, dass die Preis-Untergrenze früher kommen sollte. Doch die Juristen wollen das Vorhaben rechtssicher vorbereiten. Denn sie wissen, dass es Gegenwind geben wird, und rechnen mit Gerichtsverfahren. Einer der App-Betreiber, das estnische Unternehmen Bolt, spricht das offen aus. „Wir gehen von der Rechtswidrigkeit eines Mietwagenmindestpreises zum wirtschaftlichen Schutz des Taxigewerbes aus und halten uns alle Rechtsmittel offen“, so Johannes Söller, Sprecher von Bolt in Berlin.

Vermutlich hat der Bolt-Manager Recht, und der Mindestpreis-Schuß geht nach hinten los. Es ist zumindest nicht auszuschließen, denn die von Vermittlungsplattformen gewünschten Hürden wurden von hochbezahlten Rechtsverdrehern listig in die letzte Reform des PBefG eingebaut.

Dazu kommen die rücksichtslosen Querschüsse der neoliberal beherrschten EU-Institutionen, die noch gegen jede nationale Regulierung zugunsten von Arbeitnehmern und Kleinunternehmen vorgegangen sind, wenn die Interessen multinationaler Konzerne bedroht waren.

„Zwar räumt das Personenbeförderungsgesetz den Kommunen neue Spielräume in der Regulierung zwischen Taxi und Mietwagen ein, im Hinblick auf die Einführung von Mindestpreisen sind ihnen allerdings national und europäisch enge rechtliche Grenzen gesetzt.“ Söller verwies auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Juni 2023, bei dem es um die Regulierung des Mietwagenmarkts in Barcelona ging. Danach könne eine Maßnahme wie die Einführung von Mindestpreisen nicht mit dem Ziel gerechtfertigt werden, die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Taxidienste zu gewährleisten, hieß es bei Bolt.

Die EU-Macher funktionieren nach dem Prinzip "wes Brot ich beim Cocktailempfang fress, des Hohelied ich sing". So klingt His Master’s Voice heute:

Auch bei Uber geht man davon aus, dass Behörden, die den Paragrafen 51a des Personenbeförderungsgesetzes anwenden, rechtswidrig handeln. Das Unternehmen aus den USA verweist auf ein Gutachten, das die Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer vorgelegt habe. „Rein wirtschaftliche Motive der Taxiunternehmer stellen keine zwingenden Gründe des Allgemeininteresses dar“, fasste Uber-Sprecher Oliver Mattutat zusammen. „Erwägungen dieser Art können eine Regelung, die Mietwagenunternehmer in ihrer Niederlassungs- und Berufsfreiheit beschränkt, nicht rechtfertigen.“

Es sieht so aus, als ob die Regulierung der Mietwagenpreise erst lange nach dem Verschwinden des guten alten Berliner Taxigewerbes kommen wird. In Ermangelung eines zu schützenden Berufsstands wird man sich das Schützen dann sparen können, so die offensichtliche Kalkulation der Uber-Ausbeuter.

Die Folterwerkzeuge werden dem Delinquenten vorgeführt

Damit sich ja kein effektiver Widerstand formiert, wird die immergleiche Drohkulisse aufgebaut.

Fahrgäste wären die Verlierer, warnte der Sprecher des Fahrdienstvermittlers. „Mindestpreise würden dazu führen, dass Fahrten für weniger zahlungskräftige Kunden nicht mehr leistbar sind und lokale Unternehmer weniger Umsätze erzielen. Darüber hinaus würden die sogenannten Mindestpreise die Menschen eher wieder in den privaten Pkw treiben, was zu mehr Verkehr und mehr Umweltbelastung führen würde“, sagte er.

Uber macht Taxi für alle erschwinglich, lautet Mythos eins. Das ist natürlich Quatsch, weil Gewinne bei Dumpingpreisen nur möglich sind, solange der Staat die illegal niedrigen Minilöhne per Sozialleistung an die ausgebeuteten Fahrer subventioniert. Das zweite Billigargument entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Wissenschaftliche Untersuchungen in Städten wie New York haben gezeigt, dass die Uber-Mietwagen eine Zunahme des Automobilverkehrs bewirken. Diese Tatsache wird vom Uber-Propagandisten in eine substanzlose Behauptung gegen das ÖPNV-Taxi verdreht.

Richtig ist im Gegenteil, dass attraktive Taxis zur Reduzierung des PKW-Verkehrs beitragen. Bei Wegfall der Dumping-Konkurrenz könnte jede Fahrt im Taxi billiger werden und die Taxibetriebe dennoch gutes Geld verdienen.

Es geht letztlich um die Frage, ob in Berlin die Hoheit über den Personennahverkehr in öffentlicher oder privater Hand liegen soll. Uber würde gerne auch die Aufgaben der BVG übernehmen. Billig wird das nur so lange bleiben, bis jede Konkurrenz per Preis- und Lohndumping vom Markt gefegt wurde.

Mindestpreise würden der Branche die Preisflexibilität nehmen und einen „zentralen Erfolgsfaktor“ wegfallen lassen, bekräftigte Bolt-Sprecher Söller. Dabei seien Mietwagen mit Fahrern bei allen Altersgruppen beliebt und würden einen „wesentlichen Beitrag zur Demokratisierung der Fortbewegung“ leisten.

Hier lügt der Bolt-Söller genauso gekonnt mit der Wahrheit wie der Uber-Mattutat. Seine Demokratisierung der Fortbewegung wird ganz wie in Indien durch die Schaffung einer großen Zahl Uber-ausgebeuteter Arbeitsarmer ermöglicht. Das klappt in Deutschland wunderbar, weil sich die krasse Ausbeutung durch das Lohnsubventionieren per Bürgergeld kaschieren läßt.

Vermutlich finden die Herren von Uber und Bolt reichlich Anklang mit ihren steilen Thesen, weil die Partei der Verarmung, die stolz den Hartz-IV [3] genannten größten Niedriglohnsektor Europas geschaffen hat, sowohl im Berliner Abgeordnetenhaus als auch im Bundestag regiert. [4]

Eine echte Demokratisierung der Fortbewegung würde sich einstellen, wenn alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wieder zweimal im Jahr verreisen und ein oder zweimal im Monat mit dem Taxi ins Kino oder Theater fahren könnten. Der Tagesspiegel sieht das ähnlich. Uber und Bolt schaden als Lohndrücker den Interessen der deutschen Arbeitnehmer.

Dagegen sei das Taxi „in puncto Vertriebsweg, Flexibilität und Bezahlung für viele Menschen nicht mehr zeitgemäß, durch die starren Tarifregelungen der Kommunen insbesondere in Schwachlastzeiten zu teuer und im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln nicht transparent genug“.

Die "mangelde Flexibilität" der Taxipreise ist auch so ein lustiges Scheinargument. Wo der Taxipreis in "Schwachlastzeiten" stabil bleibt, was dann häufig das Aufrechterhalten einer Basisversorgung erlaubt, schlägt Uber mit überhöhten Preisen bei starker Nachfrage zu. So kostet dem Vernehmen nach eine Uber-Tour vom Berliner Flughafen zum Messegelände schon mal über 200 Euro während der kürzeste Weg mit dem Taxi knapp über 50 Euro kostet. Taxitarife sind vorhersagbar und transparent. Die Anfahrt des Taxis ist kostenlos und sogar im Stau werden so gut wie nie Wartezeiten berechnet. Gezahlt wird pro Kilometer und zwar nach dem in einer städtischen Verordnung festgelegt Tarif.

Die Taxibestellung kann per App, WWW und Telefon erfolgen. Auswärtige Gäste können so genau wie bei der Mietwagenbestellung ohne Wissen um Ihren Standort bestellen. Das Taxi findet zu ihnen. Nur wer per Telefon bestellt, muss die Abholadresse nennen. Wenn die nicht genau angegeben werden kann, findet sich bestimmt ein Kollege mit sehr guter Ortskenntnis und Talent als Detektiv, der den orientierungslosen Fahrgast findet. Das kann keine App.

Die Bezahlung im Taxi kann in Berlin mit jedem üblichen Zahlungssystem erledigt werden. EC-Maestro, große Kreditkarten, Paypal und natürlich mit Bargeld, dem Alleinstellungsmerkmal für alle, denen ihre Privatsphäre wichtig ist. Auch beim Bezahlen sind Taxis besser als alle App—vermittelten Mietwagen.

Am Dienstag wurde erneut deutlich, wie groß das Betrugsproblem in der Branche ist. Anlass war ein Bericht des Internetportals „Taxi heute“. Danach besaßen von den 484 Berliner Mietwagenunternehmen, die den App-Betreibern Bolt, Uber und Freenow seit August 2023 neue Fahrzeuge zur Vermittlung meldeten, 165 keine Konzession. Die Firmen wollten auf den Plattformen insgesamt 5043 Wagen registrieren lassen, von denen aber 2873 nicht die nötige Genehmigung des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten hatten. Verwaltungssprecherin Elm bestätigte die Angaben. „Das ist so übermittelt worden und korrekt“, teilte sie auf Anfrage mit.

Betrügerei und hemmungslose, brutale Ausbeutung sind bei den Unternehmen, die für Uber und andere Plattformen fahren die Regel. Erstaunlich ist, dass diese Tatsache von staatlicher Seite einfach hingenommen und der Missbrauch sogar gefördert wird. Nun werden umständliche Verwaltungsprozesse ausgelöst und neue Ideen ausprobiert, wo es zunächst genügen würde, mit Kontrollen die Einhaltung geltender Gesetze zu überprüfen und bei Verdacht auf Verstöße ihre Einhaltung durch Stillegung der Konzessionen zu erzwingen.

„Mit dem Ridehailing ist in Berlin und anderswo ein taxigleicher Service entstanden. Doch bislang kann sich die Taxibranche mit ihren starren, staatlich regulierten Tarifen nicht gegen die Konkurrenz wehren, die ihre Fahrpreise je nach Situation flexibel festlegen darf“, rief der Freenow-Manager in Erinnerung.

Auch der Deutschland-Chef von Freenow, Alexander Mönch, fährt ein Ablenkungsmanöver. Dem Mann ist aufgegangen, dass nur noch ausländische Anbieter, die sich leicht dem Zugriff deutschen Strafverfolgungsbehörden entziehen können, in der Art von Uber und Bolt agieren können. Als Vertreter einer in Deutschland beheimateten Firma muss er einen anderen Weg gehen, und positioniert sich auf Seiten von Taxi und ÖPNV. Er tut hier so, als ob die Taxifirmen und ihre Angestellten dem Uber-Konzern und seinen halbseidenen Erfüllungsgehilfe auf dem Beförderungsmarkt entgegentreten sollten.

Er vermittelt einen Trugschluss, denn nicht die Taxibranche ist gefordert sondern Staat und Gesellschaft. So wie vor Jahren bereits durch Einführung des Fiskaltaxameters die übelsten Betrüger aus der Taxibranche vertrieben wurden, so muss die Mietwagenbranche in ein legales Fahrwasser manövriert werden. Das ist eine gemeinsame Aufgabe für Zoll, Mietwagen-Aufsichtsbehörde, Jobcenter und die Abteilung für Organisierte Kriminalität beim Landeskriminalamt. Diese Behörden können mit den Daten von Arbeitsagentur, Krankenkassen und Berufsgenossenschaften sowie den digitalen Arbeitsaufzeichnungen der Mietwagenbetriebe die schwarze Schafherde ermitteln und aus dem Verkehr ziehen.

„Das Argument, dass viele Menschen weniger mobil sein werden, ist falsch. Wer es sich künftig nicht mehr leisten kann, sich im Mietwagen durch Berlin fahren zu lassen, kann unter einer Vielzahl anderer Optionen wählen: Bus, U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn. Oder er mietet ein Fahrrad oder einen E-Scooter. In Berlin stehen viele Möglichkeiten zur Verfügung.“

Hier hat er Recht, der Mönch, allein das hat mit dem Problem des ÖPNV-Taxis nichts zu tun.

Was falsch angefasst wird kann nicht in die richtige Richtung gedreht werden.

Viel Lärm um nicht ist gut fürs Theater. Die Notlage der Taxibetriebe ist jedoch so dramatisch, dass nach dem Abebben des Theaterdonners kaum ein Betrieb mehr Applaus spenden wird. Die meisten werden in absehbarer Zeit die Segel strecken und nur noch eine kleine Truppe idealistischer Kleinstunternehmer und ein Haufen aufs Taxi umgestiegene Mietwagen-Gauner werden die Realität des Berliner Taxi-Service prägen.

Bereits jetzt gibt es nur noch einen einzigen nennenswerten Mehrwagenbetrieb in Kreuzberg, der nach den Grundsätzen eines ehrlichen Kaufmanns geführt wird.

In der Senatsverwaltung ist man zuversichtlich, dass in Berlin eine rechtssichere Regelung möglich ist. Die geplante Allgemeinverfügung werde die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs berücksichtigen, die Mindestpreise würden wirtschaftlich hergeleitet, kündigte Verwaltungssprecherin Elm an.

Mindestpreise für Mietwagen sind eine schöne Sache, aber sie lösen das zentrale Problem nicht. Wie Al Capone über Steuervergehen gestolpert ist, so kann den Ausbeutern der Mietwagenbranche ihre Nachlässigkeit den Garaus machen.

Mindestlohngesetz - Eine vollkommen neue Rechtslage

Aus Unternehmersicht erscheint es absurd, gerade in Zeiten schlechter Umsätze Lohnerhöhungen zu fordern, und sei es nur auf das gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohnniveau. Dabei liegt genau hier die Lösung des Problems der ganzen Taxibranche.

In einem ordentlich geführten Taxi- oder Mietwagenbetrieb macht der Lohn etwa 60 Prozent der laufenden Kosten aus. Wer nun die Mietwagenbetriebe zur ordnungsgemäßen Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für jede Stunde zwingt, die ein Fahrer im Auto verbringt, sorgt dafür, dass der Betrieb zum Zuschußgeschäft wird. Mit der Durchsetzung des Mindestlohns für Angestellte von Mietwagenbetrieben wird deren taxi-artige Geschäftstätigkeit vollständig unrentabel und es verbleiben nur die millionenteuren Luxuslimousinen mit ihren gut bezahlten Chauffeuren und andere Mietwagen auf dem Markt, die Taxis keine Konkurrenz machen.

Das Schöne am Mindestlohn ist, dass seine Durchsetzung dank Vollverdatung und Digitalisierung sofort technisch machbar ist, was sich aus Perspektive der Verwaltung kostenneutral oder sogar gewinnbringend darstellt. Aus diesem Grund sollte die Durchsetzung des Mindestlohns für Fahrer von Mietwagen Priorität vor allen anderen Maßnahmen zur Eindämmung des Uber-Unwesens haben.

Durch die Einführung des Mindestlohngesetz (MiLoG) hat der Gesetzgeber zusätzlich eine vollkommen neue, sehr klare Rechtslage geschaffen, die alte Gerichtsentscheidungen an Bedeutung verlieren lässt, auf welche sich Verwaltung und Uber-Partnerbetriebe berufen, um Forderungen der Taxibranche abzuwehren.

Wenn vor Inkrafttreten des MiLoG ein Beobachtungszeitraum zur Feststellung der wirtschaftlichen Lage des Taxigewerbes angeordnet und während seiner Laufzeit keine Taxikonzessionen ausgegeben wurden, so konnte mit dem Argument der freien wirtschaftlichen Betätigung dagegen vorgegangen werden. Das ist seit Inkrafttreten des MiLoG nicht mehr so einfach, weil es nun ein hartes, objektives und messbares Kriterium gibt, das mit dem Beobachtungszeitraum überprüft werden kann:

Nur wenn jedes ordentlich geführte Taxiunternehmen regelmäßig den Mindestlohn oder mehr zahlen kann, ohne Verluste zu machen, sind die Voraussetzungen für die Vergabe weiterer Konzessionen gegeben. Das Recht auf ein Einkommen, das ein menschenwürdiges Leben ermöglicht, ist ein sehr hohes Rechtsgut, das vom Gesetzgeber mit dem Mindestlohngesetz ausdrücklich bestätigt worden ist. Die bekannten Argumentationen mit Gewerbefreiheit und Apothekerurteil aus vergangenen Jahrzehnten sollten damit vom Tisch sein.

Ein kostengünstiger Vorschlag

Es gibt mehrere Prüfungsansätze, die alle ein gemeinsames Ziel haben und in sehr kurzer Zeit Erfolge bewirken werden.

  • Abgleich der tatsächlichen Arbeitszeiten mit gemeldeten Löhnen
  • Prüfung des Bezugs von Sozialleistungen durch Mietwagenfahrer
  • Prüfung von Stellplätzen und Aufenthaltsräumen für Mietwagenfahrer

Bei jedem Verdacht auf unzureichende Dokumentation von Arbeitszeiten, Löhnen und Umsätzen sollten Konzessionen stillgelegt und die Fahrzeuge als Pfand für nachträglich zu entrichtende Sozialabgaben und Steuern gesichert werden. Die zahlreichen Briefkastenfirmen würden im Zuge der Prüfungen alle identifiziert werden. Dann müssten nur noch ihre Fahrzeuge in eine Fahndungslsite zur Stilllegung aufgenommen werden.

Mit dem Ziel, die Gauner unschädlich zu machen, sollte bis zur Lösung des Problems eine Truppe von etwa 90 Polizisten sowie Spezialisten aus Verwaltung und Berufsgenossenschaften auf der Straße kontrollieren und Verfolgungsmaßnahmen vorbereiten. Die sofortige Stilllegung der Fahrzeuge wäre das geeignete Mittel, um den Cash-Flow der Gauner zu unterbrechen und entstandenen Schaden bei Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Fiskus zumindest teilweise wieder auszugleichen.

In einem weiteren Schritt wäre es sinnvoll, die Vertreter des Uber-Konzerns in Deutschland, die das ausbeuterische Betrugssystem in die Welt gebracht haben und es steuern, zur Verantwortung zu ziehen. Die Beseitigung des Schadens bei Uber- und Taxifahrern und den ehrlich geführten Unternehmen sollte jedoch immer im Vordergrund stehen.

Berlin braucht seine Taxis auch für eine klimafreundliche Umgestaltung. Es wird auf lange Sicht ein zuverlässiges Angebot für die "letzte Meile" und alle anderen Gelegenheiten benötigt, wo weder Bus noch Bahn noch Fahrrad passen. Die Stadtgesellschaft sollte dieses Angebot gemeinsam mit ihren Taxiunternehmen und gut qualifizierten Fahrerinnen und Fahrern angehen. Es wäre ein Fehler, auf nur durch Profit- und Algorithmen gesteuerte Plattformen zu setzen.

Gesetze und Verordnungen

Personenbeförderungsgesetz (PBefG) § 47 Verkehr mit Taxen
Verordnung über den Verkehr mit Taxen (Taxenordnung - TaxO)
Verordnung über Beförderungsentgelte im Taxenverkehr

Personenbeförderungsgesetz (PBefG) § 49 Verkehr mit Mietomnibussen und mit Mietwagen
Umsatzsteuergesetz (UStG)
Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz - MiLoG)
Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG)
Arbeitszeitgesetz (ArbZG)


Anmerkungen

[1Die Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten ist nur dort möglich, wo Betriebe und Fahrer vollständig in das gesetzliche und Sozialsystem integriert sind. Das dürfte bei der Mehrzahl der Uber-Partnerbetriebe nicht der Fall sein. Die Einbindung von Arbeitnehmern in unternehmerische Rackets kennen wir aus dem Taxigewerbe, wo sie bis in die zweitausender Jahre eine Ausnahme darstellten. Mit dem Einbruch von Uber wurde eine Art Racket-Biotop geschaffen, in dem für mittellose Zuwanderer eine Möglichkeit geschaffen wurde, trotz ausbeuterischer Minilöhne bis zu zweitausend Euro monatlich unter der Hand zu verdienen, und so auf ein für ihre Verhältnisse sehr hohes Einkommen zu kommen. Die Lösung dieses Problems bestünde in der sofortigen, optimalen Integration dieser Menschen in Ausbildung und Arbeit sowie in der konsequenten Verfolgung der Urheber des Racket-Systems.

WIkipedia zu Begriff und Unterscheidung von Racket und Racketeering
Dr. Kai Lindemann, Die Politik der Rackets - Reihe Zur Praxis der herrschenden Klassen, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster, 2021

[2Im Jahr 1900 trat das bis heute gültige Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft.

[3Natürlich stimmt das so nicht genau. Hartz-IV war ist ein Spitzname für den Teil der Agenda 2010, der im SGB II fixiert wurde. Heute heißt das Bürgergeld. Die Verarmungspolitik und Umverteilung nach oben mit dem schönen Namen Agenda 2010 bestand aus einer ganzen Reihe von Gesetzen zur Abschaffung von Arbeitnehmerrechten, Verkürzung der Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld und der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe, dem letzten Rettungsanker vor Absturz in die Sozialhilfe. Sogar das Vereinsgesetz wurde so geändert, dass von da an Vorstände nicht mehr so genau von den Mitgliedern kontrolliert werden konnten. Verschlechterung des Kündigungsschutz und der innerbetrieblichen Interessenvertretung bereiteten den Boden für den Erfolg ausbeuterischer Geschäftsmodell wir die von Uber und anderen Plattformkonzernen.
Mittlerweile versuchen auch engagierte SPD-Politiker die ungerechten Härten in Hartz IV und Bürgergeld System zu lindern, und andere Parteien übernehmen die führende Stimme im Streichkonzert. Die Armutsbetroffene diskriminierenden Strukturen sind dabei fest etabliert und lassen sich nur schwer überwinden.

[4Wer sich auf die Suche nach den Steinen im demokratischen Getriebe macht, die Fortschritte bei der Bekämpfung von Armut und Monopolbildung verhindern, stößt auf eine Dysfunktionalität in bundesdeutschen Parlamenten. Die Trennung zwischen Regierung (Exekutive) und Parlament (Judikative) ist funktioniert schon seit Jahren nicht mehr. Wer in Bundes- und Landesregierung herrscht, nötigt über seine Zuchtmeister, die Fraktionsvorsitzenden, alle Abgeordneten seiner Partei, Regierungsentwürfe reibungslos zu verabschieden. Vorschläge der Opposition werden in Ausschüssen und Kommissionen versenkt. Gewaltenteilung war einmal. Das gilt auch für die deutsche Judikative, die strukturell im wesentlichen Ausführende von Herrschaftspolitik ist.

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