Begehrlichkeiten in Corona-Zeiten

22. Dezember 2021 von AK, Redaktion

Randnotizen eines aktiven Taxifahrers

Biohazard-Abfalltütchen vor violettem Hintergrund

Lange Zeit wurde das Taxigewerbe in Bezug auf die Corona-Pandemie einfach am Rande liegen gelassen: Umsätze brachen ein, Betriebe machten dicht, einige zahlten Kurzarbeitergeld. Im Januar 2021 kam dann ein kurzer Lichtblick - Impffahrten für Ältere auf Coupon. Dafür wurden in viele Taxen Trennfolien zwischen Fahrerbereich und Fahrgastraum eingebaut.

Viele davon sind inzwischen löchrig wie ein Schweizer Käse: Die Bezahlklappe in der Mitte ist ausgerissen, der Trennschutz hängt an den Befestigungsbändern herunter und ist zudem von halbherzigen Reinigungsversuchen verschmiert. Daran ein klein wenig zu verändern ist Sache der FahrerInnen und Fahrer; die Firmen kümmern sich wenig.

Nun wurde verordnet, dass alle Beschäftigten mit Personenkontakt der 3-G-Regel unterliegen. Sie müssen mindestens 2-fach geimpft, genesen oder tagesaktuell negativ getestet sein. Zu überprüfen haben das die ArbeitgeberInnen. Insbesondere das Überprüfen von Testpflichten ist im Taxigewerbe jedoch kaum umsetzbar; die Ablöse findet irgendwo im Stadtgebiet statt. Der Kollege der Vorschicht hat die Taxe dort abgeparkt . Kontakte zu Vorgesetzten gibt es wöchentlich zur Abrechnung oder noch seltener.

Wer sich nun aber lautstark zu Wort meldet, ist Taxi Berlin, der monopolartige Tourenvermittler aus der Persiusstraße,. Er hat alle Berliner Taxizentralen aufgekauft Obwohl sie keineswegs Arbeitgeber von Fahrerinnen und Fahrern sind, erwartet Taxi Berlin die Abgabe des elektonischen Impf- oder Genesenennachweises und führt "2 G" als -bislang freiwilliges- Merkmal ein. Angeblich würde das von vielen KundInnen nachgefragt.

In meiner Arbeitspraxis bin ich bislang nur einmal von Fahrgästen direkt gefragt worden, ob ich geimpft bin. Gespräche über das Thema Corona, auch über das Für und Wider von Impfungen, habe ich natürlich häufig. Was mir auffällt ist die Selbstverständlichkeit, mit der Taxi Berlin Angaben haben will, die ihnen eigentlich nicht zustehen. Aber es ist ja freiwillig und dient nur dem Marketing... Genauso wie bei UBER ?

Womit keine Werbung gemacht wird, ist, dass TaxifahrerInnen Menschen, die am Arbeitsplatz positiv auf COVID-19 getestet wurden, nach hause fahren sollen. Hier wird messerscharf eine Lockerung ausgenutzt. Zur Zeit gilt, dass Geimpfte nicht mehr automatisch in Quarantäne müssen, wenn sie Nahkontakt zu Infizierten hatten. Leider wird nicht dazugesagt, dass die ungeimpften KollegInnen das nach solch einem Auftrag sehr wohl müssten !

Ich bin durchaus bereit, diese Fahrten zu übernehmen. Es ist allemal besser, wenn positiv Getestete mit dem Taxi nach hause fahren als mit Bus und Bahn. Jedoch fehlt es mir an dem notwendigen Arbeitsschutz, der hier draufzusatteln wäre. Taxi Berlin erklärt dazu, dass viele KollegInnen stets Maske tragen würden und die Wagen ja Trennschutz hätten und regelmäßig desinfiziert würden. Dies trifft meiner Beobachtung nach leider oft nicht zu.

Grundsätzlich ist Arbeitsschutz Sache der ArbeitgeberInnen. Wenn ein Tourenvermittler solche Aufträge am Rande der Gesundheitsgefährdung vermittelt, sollte er jedoch dafür auch die notwendigen Voraussetzungen schaffen. Er hat dies mit seinen VertragspartnerInnen, unseren Chefinnen und Chefs zu klären, anstatt uns FahrerInnen das Risiko zu überlassen!
Neben dem Trennschutz denke ich dabei an Hände- und Raumdesinfektionsmittel, Masken, Selbsttests usw. . Gegebenenfalls sind Handschuhe wegen möglichem Kontakt beim Bezahlvorgang oder sogar leichte Überziehkittel aus Plastik zu stellen, die nach der "Positivfahrt" umgehend entsorgt werden sollten.

Zudem wäre eine gewisse Rechtskunde über Infektionsschutzmaßnahmen sinnvoll. Die Betreffenden sollten zwar auf dem direkten Weg nach hause gebracht werden, aber es sind keine Gefangenentransporte. Wer vorher aussteigen will, kann das (nach Zahlung des Fahrpreises) tun . Die meisten Verstöße gegen die Coronaregeln sind lediglich Ordnungswidrigkeiten- aber mit dem Virus ist nach wie vor nicht zu spaßen. Mit diesem Widerspruch umzugehen, setzt ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten sein voraus. Selbiges wird im Taxigewerbe mit seiner Orientierung auf das "schnelle Geld" leider nicht gefördert.

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